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Heute: „Reiten wir den Amtsschimmel“

FM: Guten Morgen!

AG: Was willst Du mir denn damit sagen?

FM: Nenn mich altmodisch, aber ich meine damit tatsächlich einen guten Morgen.

AG: Wenn das immer so einfach wäre.

FM: Moment, ihr hattet doch gerade den Autosalon. Da müsstest Du doch bester Stimmung sein.

AG: Weißt Du, was ein „NEFZ“ ist?

FM: Ich weiß, was ein NERD ist. Das sind die, die sich zum Beispiel mit Computern auskennen und beim Abschlussball alleine bleiben.

AG: Alleine fühlen wir Handwerker uns auch immer wieder, wenn wir solche Formulare beispielsweise in die Autofenster legen müssen. Erstens sind die schon lange veraltet, wir dürfen aber keine eigenen neuen Kennzeichnungen verwenden, zweitens droht uns immer die Abmahnung der Deutschen Umwelthilfe, wenn wir das nicht korrekt machen und drittens gäbe es längst schon die sogenannte WLTP zur Kennzeichnung des Kraftstoffverbrauches und der Schadstoffe.

FM: Aber für die habt ihr kein zulässiges Formular, oder?

AG: Richtig, aber die Bürokratie lässt uns auch an anderer Stelle nicht los.

FM: Was meinst Du damit genau?

AG: Von der Kassenbonpflicht über die Gefahrstoffverordnung bis zur Verpackungsverordnung: Die Liste wäre endlos. Und da haben wir von der Datenschutzgrundverordnung oder von kleinteiligen Arbeitszeiterfassungen noch gar nicht gesprochen.

AG: Da sagst Du was. Es geht uns ja nicht darum, dass wir das nicht umsetzen wollen. Es geht schlicht darum, dass wir Selbständigen immer weniger Zeit für unsere eigentliche Arbeit haben, weil wir dauernd irgendwelche neuen Vorschriften umsetzen müssen. Dabei könnten gerade die Behörden selbst ein wenig „barrierefreier“ werden.

FM: Du meinst deren Formulare, oder?

AG: Hast Du schon mal versucht, an einer öffentlichen Ausschreibung teilzunehmen? Da musst Du Dich einloggen und durch seitenlange Online-Formulare wühlen. Oft klappt das an irgendwelchen Stellen nicht und viele Handwerker geben entnervt auf, so dass sie lieber auf den Auftrag verzichten als sich so etwas anzutun.

FM: Da konnten wir schon in Sachen Coronahilfen Erfahrungen sammeln.

AG: Ich habe manchmal den Eindruck, dass unser deutscher Beamtenapparat in der Pandemie noch mal so richtig aufgedreht hat. Endlich konnte man mal zeigen, in was man sich so alles einmischen kann. Und so wichtig auch viele der Maßnahmen waren, so sehr hoffe ich, dass man nicht auf die Idee kommt, vor allem das Schlechteste beizubehalten.

FM: Apropos „Schlechtes beibehalten“: Nun gibt es ja auch neue Pläne zur Energiewende. Die alten schlechten Heizungen müssen raus.

AG: Viel Spaß bei der Suche nach Handwerkern mit freien Kapazitäten. Aber mal im Ernst: Alle sprechen da von einem gigantischen Konjunkturprogramm. Ich wüsste nur gerne, wer das alles bezahlen soll. Und an der einen oder anderen Stelle wäre es vielleicht zielführender, nicht den zweiten vor dem ersten Schritt zu tun.

FM: Wenn ich mir die aktuellen Pläne so ansehe, muss ich an den Film „Jagd auf Roter Oktober“ denken.

AG: Weil der ebenso spannend ist?

FM: Eher wegen der Szene, in der der Kapitän seine Absicht, zu den Amerikanern überzulaufen, vor Auslaufen des U-Bootes in einem Brief an die Zentrale in Moskau übermittelt. Begründung: Das stärkt die Moral und schafft die unbedingte Notwendigkeit, das Ziel auch wirklich zu erreichen und keine Gedanken an eine Rückkehr zu verschwenden.

AG: Guter Vergleich. Deshalb schalten wir wahrscheinlich nun auch alle Kernkraftwerke ab und reißen die Gas- und Ölheizungen raus. Damit es keinen Weg zurück gibt. Selbst dann nicht, wenn wir noch gar nicht alle neuen Technologien in ausreichender Menge zur Verfügung haben.

FM: Technologieoffenheit?

AG: Ich weiß nicht, warum dieser Begriff so ins Negative verkehrt wurde.

FM: Jetzt wäre eigentlich der Zeitpunkt für einen Deiner legendären Schluss-Sätze.

AG: Wir sollten nicht mit der Technik von Heute die Innovation von Morgen vorwegnehmen.

FM: Für Montagmorgen schon ganz gut.

AG: Wer auf einer Einbahnstraße fährt, braucht sich nicht zu wundern, wenn ihn keiner überholt.

FM: Das war es. So etwas wollte ich hören.

AG: Schön, dass ich Dich noch zufriedenstellen konnte.

FM: Ich habe nichts Anderes erwartet.

AG: Handwerk eben.

Andreas Groß ist Geschäftsführer eines Fiat-Autohauses mit Werkstattbetrieb in Wetzlar, Kfz-Sachverständiger und Kreishandwerksmeister

Frank Mignon ist Moderator, Kolumnist und Musiker