Zimmerer Lahn-Dill – Aktuelle Informationen

Neujahrsempfang der Kreishandwerkerschaft Lahn-Dill 2020

Mit der Neugestaltung ihres Jahresempfangs 2020 überraschte die Kreishandwerkerschaft (KH) Lahn-Dill ihre gut 80 Gäste aus heimischer Wirtschaft, Politik, Schulen und Verbänden im Kasino der Sparkasse Wetzlar, gelegen in unmittelbarer Nachbarschaft zur Zentrale des heimischen Handwerks in der Seibertstraße. Erstmals war es eine der 16 in der KH zusammengeschlossenen Innungen, die für Inhalt und Ablauf des Neujahrsempfangs Verantwortung übernommen hatte. Und um optische Aufmerksamkeit ist gerade die Zimmerer-Innung nicht verlegen, treten ihre Mitglieder doch zu allen Anlässen in ihrer hierzulande traditionell schwarz-weißen Berufsmontur auf, im wohnlich-warmen Kasino allerdings ausnahmsweise ohne den breitkrempigen schwarzen Hut.

Christian Sturm aus Dillenburg ist Obermeister der Zimmerer-Innung Lahn-Dill mit ihren 16 Mitgliedsbetrieben, die laut Sturm zwar „rar gesät, aber dennoch gut verteilt sind“ im Kreis an Lahn und Dill. Mit der lautstarken Ankündigung „Ein Lied“ und dem unmittelbar folgenden und erstmals in den Räumen der Sparkasse zelebrierten traditionellen „Zimmerer-Klatsch“ eröffneten sieben Zimmerermeister zünftig den Neujahrsempfang: Andreas Döring (Hüttenberg), Ralf Dokter (Waldgirmes), Marco Krämer (Niederweidbach), Sven Russ (Mittenaar), Ulrich Weber (Dorlar) sowie die beiden Dillenburger Sven Haidhuber und natürlich Christian Sturm. Letzterer ließ es sich trotz gerade überstandener Hals-Operation und folglich hörbar angeschlagener Stimme nicht nehmen ließ, den Neujahrsempfang zu moderieren, unterstützt von Kreishandwerksmeister Ralf Jeschke.

Neben ihren beiden „Zimmerer-Klatsch“-Auftritten bauten die Zimmerleute gemeinsam mit zwei Schülern aus der „Generationen-Werkstatt“ in wenigen Minuten eine „Leonardo-da-Vinci-Brücke“ coram publico auf und ernteten dafür viel Beifall. Die Grundidee dieser Brücke aus Holzteilen, die gänzlich ohne Verwendung von Dübeln, Schrauben, Nägeln oder Seilen stabil aus starren, sich durch geschickte Verschränkung selbst tragenden  Bauteilen errichtet werden kann, geht auf eine Skizze des Universalgenies Leonardo da Vinci (1452-1519) zurück. Ihrem Aufbau zuzuschauen, ruft immer wieder Bewunderung hervor. Auch im Kasino der Sparkasse.

Drei kurze Image-Filme stellten dem Publikum das Zimmerhandwerk vor. Sie sollen jungen Leuten diesen uralten, mittlerweile aber hochmodernen Ausbildungsberuf schmackhaft machen und dazu Denk- und Handlungsanstöße geben. Zudem zeigte ein von Schülern des Johanneum-Gymnasiums Herborn gedrehter und im Zeitraffertempo abgespielter Film den Auf- und Abbau eines kompletten Fachwerkhauses im Laufe eines Tages auf dem Herborner Marktplatz durch die Zimmererinnung  während des Hessentages 2016. Dreimal insgesamt wurde das Fachwerkhaus errichtet und steht heute dauerhaft im Tierpark der Stadt Herborn.

Fachlicher, wirtschafts- und handwerkspolitischer Höhepunkt des Neujahrsempfangs war die Talk-Runde zum Thema „Fachkräfte im Handwerk“ mit der Bundestagsabgeordneten Dagmar Schmidt, dem Landtagsabgeordneten Dr. Matthias Büger, Kreishandwerksmeister Ralf Jeschke, sowie dem Obermeister und seinem Stellvertreter der Zimmerer-Innung Lahn-Dill, Christian Sturm und Sven Russ, moderiert vom stellvertretenden Kreishandwerksmeister Andreas Groß und Sebastian Hoffmanns, Geschäftsführer der KH Lahn-Dill.

Fazit der Runde: Fehlende Fachkräfte und zugleich in vielen Gewerken mangelnde Nachfrage nach den angebotenen Ausbildungsplätzen sind derzeit die größte Wachstums- und Innovationsbremse im Handwerk. Dabei biete das Handwerk gerade auch jungen Menschen mit Abitur eine „Riesenpotential“ an Möglichkeiten einer „Karriere mit Lehre“. Junge Menschen sollten den Berufsweg einschlagen, der ihren Neigungen und Fähigkeiten entspricht. Das würde mit Sicherheit auch die Studienabbrecherquote, die aktuell bei einem Drittel liege, verringern. In diesem Sinne sollte auch das „gesamtgesellschaftliche Phänomen“ eines noch immer zunehmenden Strebens nach Akademisierung mit einhergehendem oft falsch verstandenen und eingeschätzten Erfolgschancen eingedämmt werden. Das Handwerk hat nach Überzeugung der Runde nach wie vor „goldenen Boden“, sei alles andere als „rückwärtsgewandt“, sei modern und innovativ und wisse aus Erfahrung: Praktiker werden überall gesucht und gebraucht.

Kreishandwerksmeister Jeschke machte die wirtschaftliche Bedeutung des Handwerks anhand einiger auf Hessen bezogener Zahlen deutlich. Das hessische Handwerk beschäftige in 75.000 Betrieben 370.000 Menschen und erwirtschafte einen Jahresumsatz von 37 Milliarden Euro. Es bilde aktuell über 25.000 junge Menschen aus, wobei mehr als 10.000 neue Ausbildungsverträge für das laufende erste Lehrjahr abgeschlossen wurden. 13 Prozent der Lehrlinge seien Abiturienten. Jeschke wünscht sich in nicht allzu ferner Zukunft 20 Prozent Abiturienten als Berufsanfänger im Handwerk. Diese Nah-Zukunftsvision stieß bei allen Teilnehmern der Talkrunde auf Verständnis, Wohlwollen und die Bereitschaft, sie zu unterstützen.

Am Schluss gaben Ralf Jeschke und Christian Sturm bekannt, wer im nächsten Jahr die Ehre und die Aufgabe hat, für die inhaltliche Vorbereitung und Ausgestaltung des Neujahrsempfangs 2021 verantwortlich sein zu dürfen: gemeinsam die beiden – noch immer selbständigen – Innungen Wetzlar und Dillenburg des Sanitär-, Heizung- und Klimatechnik-Handwerks.