Einmal im Monat – Garantiert unausgewogen – Aber immer freundlich

Heute: Krise oder was jetzt?

FM: Guten Morgen Andreas. Was verbindest Du mit dem Begriff „Krise“?

AG: Guten Morgen Frank. Für Dich als Künstler bedeutet „Krise“ doch schon, dass Du heute für diesen Blog früh aufstehen musstest, oder?

FM: Nur wenn ich jetzt keinen Kaffee habe, bekomme ich die Krise.

AG: „Krise“ ist eine herausfordernde Situation, die zum Handeln zwingt.

FM: Jetzt weiß ich, warum Du unbedingt einen „Macher-Blog“ starten musstest. Was hältst Du eigentlich von dem geflügelten Wort „Krise als Chance“?

AG: (verdreht die Augen) Das klingt zwar gut, ist aber, verzeih mir, meist eher substanzloses Verkäufer- und Beratergeschwätz.

FM: An welche Krisen der Vergangenheit erinnerst Du Dich und wie haben wir die letztendlich überstanden?

AG: Wir beide sind ja nachweislich alt genug, dass wir uns noch an die Ölkrise der 70er Jahre erinnern können.

FM: Inklusive Sonntagsfahrverbot.

AG: Genau. Und wenn wir auch nicht unbedingt konsequent alle richtigen Lehren daraus gezogen haben, so wurde uns doch zumindest klar, dass Benzin nicht an den Zapfsäulen hergestellt wird.

FM: Manche Auswirkungen von Krisen merkt man ja erst später, während andere Krisen dann doch nicht so schwer durchgeschlagen haben.

AG: Die Finanzkrise 2008/2009 zum Beispiel haben wir zumindest in Sachen Binnenkonjunktur recht gut und zügig hinter uns gelassen, während wir an der Eurokrise langfristig nicht nur durch die niedrigen Zinsen zu knabbern haben.

FM: Wobei ja zumindest durch die niedrigen Zinsen die Baubranche einen Boom erlebt hat.

AG: Da kommen wir aber zu den Auswirkungen aktueller Krisen, denn was nützt das billige Geld, wenn die Ware oder Dienstleistung nicht erbracht werden kann, weil entweder nicht genug Fachkräfte zur Ausführung vorhanden sind oder wegen einbrechender Lieferketten diverse Materialien fehlen.

FM: Trotzdem wirkst Du in Deiner Branche, also dem Automobilhandel, recht entspannt.

AG: Ja, denn obwohl die Liefersituation angespannt ist, würde ich in der aktuellen Lage zumindest vorsichtig von einer „knappen, aber bedarfsgedeckten Wirtschaft“ sprechen.

FM: Es wird also nicht mehr so viel „auf Halde“ gebaut?

AG: Ich will die Situation nicht schönreden, aber derzeit werden größtenteils Fahrzeuge geliefert, die auch jemand bestellt hat. Und ich wage die Prognose, dass auch hier und da wieder ein, sagen wir mal, nachhaltigeres Werteverständnis Einzug hält.

FM: Wenn ich mal aus einer durch die Coronakrise schwer getroffenen Branche plaudern darf, die sowohl meine als auch Deine Welt berührt, dann fällt mir der Messebau ein.

AG: Sehr gut, nehmen wir einen bekannten heimischen Messebau-Unternehmer, der schon früh in der Coronakrise sein Unternehmen neu aufgestellt hat und mit „Tiny-Houses“ und hochwertigem Innenausbau neue Firmenzweige an den Start brachte, die nun sein Portfolio ergänzen.

FM: Also doch „Krise als Chance“? Oder am Ende diesen schrecklichen Satz von der „Krise als Brennglas“ zum Aufdecken von Missständen, die schon vorher da waren?

AG: Oh jeh, der Satz ist ja noch schlimmer. Aber mal im Ernst: Vor allen braucht man die richtigen Ideen und dann vor allem gute Mitarbeiter. Ich würde eine Krise eher als eine Art „Katalysator“ sehen, der neue Wege ein wenig beschleunigt. Die Coronakrise beispielsweise hat uns alle ein wenig digitaler werden lassen. Aber davon kannst Du ja ein Lied singen.

FM: Stimmt, denn als bei mir innerhalb weniger Tage quasi das gesamte Berufsleben zusammenbrach, fing ich irgendwann an mit Video, Podcast, Blog und, was vielleicht am nachhaltigsten wirkt, der Kombination von mehreren der erwähnten Bereiche mit dem Live-Geschehen.

AG: Und wir im Handwerk mussten uns schon immer auf Neues einstellen. Unsere Berufe werden immer anspruchsvoller, es kommen neue Technologien hinzu und auch wenn wir uns natürlich noch in vielen Bereichen beim Arbeiten richtig die Hände schmutzig machen, so ist das Gesamtbild vom „dreckigen Handwerk“ ganz sicher nicht mehr komplett richtig.

FM: Ich höre immer wieder von der „Transformation“.

AG: So würde ich das auch nennen. Junge Leute, die heute ins Handwerk einsteigen, werden noch viele spannende und neue Werkstoffe, neue Erfindungen und neue Arbeitswelten erleben. Oder um es mal anders zu formulieren: Expertise wird langfristig nicht nur daraus bestehen, zu wissen, ob man die Schraube links- oder rechtsherum drehen muss.

FM: Nochmal zu den Auswirkungen von Krisen. Wenn wir uns beispielsweise die Reisebranchen ansehen, dann wird deutlich, was eine akute Krise langfristig bedeuten kann.

AG: Stimmt, darum müssen wir immer wieder betonen, wie wichtig es ist, alles zu tun, um Mitarbeiter im Unternehmen zu halten, sei es durch staatliche Unterstützung wie das Kurzarbeitergeld oder zur Not mittels eigene Initiativen der Unternehmer selbst, sofern sie das leisten können.

FM: Derzeit sind die Aussichten im Handwerk in Sachen Arbeitsplatzsicherheit immer noch sehr gut, oder?

AG: Absolut. Wer heute einen Handwerksberuf erlernt, kann sicher sein, immer einen Arbeitsplatz zu haben.

FM: Womit wir von der Riesenchance auf Übernahme eines Betriebes noch gar nicht gesprochen haben, falls sich jemand im Laufe seines Lebens gerne selbständig machen möchte.

AG: Dazu fällt mir nur eines ein.

FM: „Schaffe, schaffe, Häusle baue“?

AG: Iwo, i bin doch koi Schwab. Ich meinte „Handwerk hat goldenen Boden“.

FM: Dem ist nichts hinzuzufügen.

AG: Handwerk eben.

Andreas Groß ist Geschäftsführer eines Fiat-Autohauses mit Werkstattbetrieb in Wetzlar, Kfz-Sachverständiger und Kreishandwerksmeister

Frank Mignon ist Moderator, Kolumnist und Musiker